RE: Probleme , Krankheit, Stör, Accipense

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13 Sep. 2004 09:44 #14 von Norbert
Ich habe viele Kontakte mit Teichbesitzern die Störe halten und natürlich auch mit Fischwirten, die sie produzieren. Es gibt da oft ein ungelöstes Problem:
Es gibt Störe, meist in der Größenklasse von über einem Meter, die plötzlich Orientierungsschwierigkeiten haben. Sie bekommen darüber hinaus einen deutlichen Knick in der Längsachse. Unsere Recherchen haben folgendes Bild ergeben:
1) Das Problem ist bekannt und tritt regelmäßig auf
2) Die häufigste Vermutung ist eine Ammoniak-Vergiftung
3) Betroffen sind vor allem Waxdicks
4) Ein Züchter hält die Verluste für normal, weil die Fische beim Wechsel des Beckens häufiger "durchbrechen".
5) Es gibt keine Untersuchungen dazu

Unsere Erfahrungen zu diesem Thema:
Wir haben 5 Störe (2 x gueldenstedt, 3 x baeri) in einen 300 m³-Teich gesetzt, in dem bereits je 1 Fisch etwa ein Jahr lang lebten.
Von den neu eingesetzten Fischen wurde ein baeri bereits am nächsten Tag orientierungslos auf dem Rücken in einer Bucht gefunden. Wir vermuteten, daß er sich festgeschwommen haben könnte, drehten ihn passend und er schwamm problemlos in die Tiefe. Ein paar Tage später fanden wir einen anderen vor der Glasscheibe des Beobachtungsraumes völlig verkrümmt und haben ihn isoliert. Da wir nicht alle Fische vor den Scheiben sahen, habe ich den ca. 2,5 m tiefen Teich systematisch abgesucht und fand den ersten Fisch verkrümmt und fast tot auf dem Rücken liegend am Boden. Wir haben auch ihn in ein getrenntes Becken gesetzt.

Zur "Durchbruchs-Theorie":
Das Problem war zum Zeitpunkt des Transportes nicht bekannt und wurde daher nicht berücksichtigt. Der Transport wurde von Dritten durchgeführt und Aussagen dazu liegen nicht vor. Vorstellbar ist das, denn:
Störe sind zwar völlig ruhige Schwimmer, können aber wie ein Torpedo starten, wenn sie z.B. erschreckt werden. Ich habe mehrfach sowohl bei Tauchgängen als auch an den Unterwasserfenstern erlebt, welchen gewaltigen Wasserdruck die Schwanzflosse erzeugen kann. Es entsteht dabei ein Geräusch, als würde man mit der Faust auf den Tisch hauen.

Im Wasser ist ein solcher Schwanzflossenschlag wahrscheinlich schadlos möglich, weil das zähe Wasser ausreichend Widerstand bietet. Wenn der Stör das gleiche an der Luft macht, schwingt er viel weiter durch als im Wasser und ich kann mir gut vorstellen, daß er tatsächlich "durchbricht". Der "Knorpelstrang" im Rücken wird diese Kraft nicht kontrollieren können. Die gepanzerte Außenhülle kann eine solche Beanspruchung wahrscheinlich auch nicht aufnehmen.

Andererseits gibt es inzwischen auch noch einen dritten Schadensfall, der überhaupt nicht in das Schema paßt:
Ein baeri-Stör, der hier bereits im dritten Jahr lebt, verhielt sich völlig normal, kam morgens noch zur Fütterung vor den Scheiben.
Ich war an jenem Tag etwa zwei Stunden mit Tauchausrüstung in diesem Teich, was die Fische aber nicht irritiert. Sie sind daran gewohnt und so zahm, daß sie sich anfassen und sogar "auf die Arme nehmen lassen". Ich habe in einem entfernten Beckenbereich etwas an den Absaugpunkten geändert.
Abends lag dieser Stör am Ufer auf dem Rücken. Wir haben ihn in ein anderes Becken gesetzt und dabei darauf geachtet, daß er beim Transport keinesfalls "durchbrechen" konnte. Der Fisch war nicht in der Lage, oben und unten zu unterscheiden. Innerhalb von einer Woche normalisierte sich sein Zustand so weit, daß wir ihn für zwar ruhig aber gesund hielten und in den Teich zurücksetzten.
Als er nicht zu den Fütterungen erschien, haben wir ihn gesucht und verkrümmt am Boden gefunden.
Seine Orientierungsprobleme haben sich verschlechtert. Er erkennt zu spät, daß er nicht mehr waagerecht schwimmt, gerät dann in eine Seitenlage und kommt oft nicht mehr zurück, so daß er auf dem Rücken liegen bleibt. Im Bereich der Rückenflosse wird in den letzten Wochen eine leichte Krümmung erkennbar.
Ein Störzüchter vermutete einen Wachtums-Stop auf einer Seite, während die andere Seite weiterwächst. Diese Einschätzung teile ich - was aber noch nicht die Ursache erklärt.
Die Vermutung einer Ammoniak-Vergiftung kann ich sicher ausschließen:
Wir haben zwar bei unserem relativ harten Wasser ständig pH-Werte zwischen 7 und 7,5 - so auch an jenem Tag. Ammonium und Nitrit waren jedoch nicht nachweisbar, Nitrat lag lediglich bei etwa 5 mg/l.
Eine mechanische Beschädigung des Fisches durch Rammen eines Steines oder dergleichen halte ich für eher unwahrscheinlich. Die Sicht lag bei etwa 4 Metern und es gab auch keine äußeren Anzeichen dafür.

Auffällig ist noch die vergleichsweise starke Gasbildung im Darmtrakt. Die Kollegin, die die weiterhin vorhandenen kranken Fische betreut, berichtet von regelmäßigen Blähungen. Ich selbst habe vor einigen Tagen einen 1,3 m Waxdick rülpsen sehen. Das Volumen der freiwerdenden Gasblase schätze ich auf ca. 200 cm³.

Das Futter ist der für Störe empfohlene Standard. Möglicherweise sollte man noch einmal die Rezepturen überprüfen.

Ich möchte daher an dieser Stelle eine Diskussion zu diesem Thema beginnen. Es geht dabei ja nicht "nur" um ein paar nette Fische in einem Ausstellungsteich. Ich habe gehört, daß das Problem die Artenschutzprogramme für die Wiederansiedlung der einheimischen Störe genauso torpediert.

Also: Wer hat noch Erfahrungen zu diesem Thema? Wer hat Störe über 1 m Länge und kennt das Problem nicht? Was wird gefüttert?
Tritt das Problem auch bei kleineren Tieren auf? Kann Durchbrechen dabei ausgeschlossen werden? Wurden Wasserwerte gemessen?
Falls dieses Problem gerade aktuell auftritt: Bitte anrufen - vielleicht können wir gemeinsam Ursachen ausschließen.
Und: Falls das das Problem schon einmal auftrat: Gab es eine Lösung dafür? Bislang gelten die Fische als "verloren".

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